Dr. Konrad Hagen

von Birgit Richter
Dr. Konrad Hagen

Konrad Hagen wurde am 15. August 1867 in Leipzig geboren. Sein Vater, Dr. jur. Karl Moritz Emil Hagen, war als leitender Justizbeamter an verschiedenen Leipziger Gerichten tätig: als Handelsgerichtsdirektor am Königlichen Bezirksgericht, nach der Justizreform von 1879 als Kammerdirektor am Landgericht Leipzig und ab 1897 sogar als dessen Präsident. Seine Mutter Thekla Maria war die Tochter des Schuldirektors Ernst Innocenz Hauschild, der als Begründer der Schrebergärten gilt. Die Familie wohnte in unmittelbarer Nähe des Justizviertels in der Harkortstraße 17. Konrad Hagen studierte wie sein jüngerer Bruder Emil Reinhold Hagen an den Universitäten Greifswald und Leipzig Jura und beendete sein Studium 1891. Seine Dissertation unter dem Titel „Die Usance und Treu und Glauben im Verkehre“ erschien 1894 im Druck. Die Referendarzeit durchlief er an verschiedenen sächsischen Gerichten, u. a. am Amtsgericht Falkenstein und am Leipziger Landgericht, bevor er für einige Jahre als Assessor am Amtsgericht Pegau angestellt war. Im Juli 1895 heiratete er Anna Maria Deutrich, 1896 wurde in Pegau sein Sohn Hans-Joachim geboren. Ab 1. Juli 1898 siedelte die junge Familie endgültig nach Leipzig über und bezog eine Wohnung in der Sophienstraße 24 (heute Shakespearestraße). Sohn Friedrich erblickte 1899 das Licht der Welt. Nachdem Dr. Hagen kurzzeitig als Amtsrichter am Amtsgericht Leipzig tätig war, ließ er sich 1900 als Rechtsanwalt nieder. Seine Kanzlei befand sich in der Reichsstraße 6, später gemeinsam mit seinem Bruder Reinhold in der Schillerstraße 6. Die Familie wohnte ab 1903 in der Stephanstraße 8. Konrad Hagen hatte erheblichen Anteil an der Verbreitung der Gartenstadt-Idee in Leipzig und an deren Verwirklichung in Gestalt der Gartenvorstadt Marienbrunn. Die Gedanken der Förderung von Grünflächen und sozialem Wohnungsbau waren ihm aus dem Familienkreis durch seinen Großvater, der den ersten Schreberverein gründete, vertraut gewesen. Allgemeine Fragen des Wohnungsbaus und der Umgestaltung der Städte befanden sich nach 1900 in öffentlicher Diskussion. Die Deutsche Gartenstadt-Gesellschaft, 1902 in Berlin gegründet, hielt im November 1910 in Leipzig eine Informationsveranstaltung ab. Bereits am 9. Dezember begründete sich eine Ortsgruppe Leipzig der Gartenstadt- Gesellschaft, die ein halbes Jahr später schon über 100 Mitglieder zählte. Die erste Mitgliederversammlung fand unter Leitung von Konrad Hagen und des Kaufmanns Jakob Umstetter am 10. Januar 1911 statt. Hagen wurde mit vier anderen Leipziger Bürgern in den Vorstand gewählt. Der praktischen Umsetzung der Gartenstadt-Idee in Leipzig gab der 2. Deutsche Wohnungskongress im Juni 1911 in Leipzig großen Auftrieb. Konrad Hagen erläuterte für die Kongressmitglieder die viel beachtete Gartenstadt-Ausstellung im Handelshof, die durch die Ortsgruppe der Gartenstadt-Gesellschaft vorbereitet worden war. Im gleichen Jahr reifte der Plan, westlich des Völkerschlachtdenkmals eine Gartenvorstadt zu errichten, zu dessen Verwirklichung im November die Gesellschaft „Gartenvorstadt Leipzig-Marienbrunn GmbH“ gegründet wurde. Hagen unterstützte die Gesellschaft neben juristischem Rat mit einem Anteil am Stammkapital von 5000 Mark. Durch seine Vermittlung konnten zahlungskräftige Gesellschafter aus seinem Bekannten- und Mandantenkreis für die GmbH gefunden werden wie z. B. die Kommerzienräte Meyer vom Bankhaus Meyer & Co., die auch in der Folgezeit die Gesellschaft finanziell unterstützten. Hagen wurde zum ersten Vorsitzenden des siebenköpfigen Aufsichtsrats der Gesellschaft bestimmt. Im Mai 1913 bezog er mit seiner Familie als einer der ersten Marienbrunner sein offiziell als Sommerwohnung deklariertes Haus im Dohnaweg Nr. 3. Während der Internationalen Baufachausstellung im Sommer 1913 musste Hagen ein umfangreiches Begleitprogramm absolvieren. Er hatte maßgeblichen Anteil an der Durchführung der Generalversammlung der Deutschen Gartenstadt-Gesellschaft im neu eröffneten Gasthaus Marienbrunn und bemühte sich um ein vielfältiges Besichtigungsprogramm in den bereits fertig gestellten Häusern. Während des Besuchs des sächsischen Königs Friedrich August am 22. Juni 1913 begleitete ihn Hagen durch Marienbrunn. Obwohl Konrad Hagen nie seinen Hauptwohnsitz in der Stephanstraße aufgab, verlegte die Familie ihren Lebensmittelpunkt immer mehr nach Marienbrunn. Es wird sogar berichtet, dass Hagen während des Ersten Weltkrieges mit dem Flugzeug südlich des Triftwegs auf freiem Feld landete. In den Kriegs- und Inflationsjahren war die immer schwieriger werdende Arbeit des Aufsichtsrates auf die finanzielle Sicherung der Existenz der Gesellschaft und den Weiterbau der fehlenden Baugruppen für die Gartenvorstadt gerichtet. Auch beruflich war Hagen immer mehr gefordert. 1918 wurde der Rechtsanwalt zum Notar ernannt. Die folgenden Jahre waren von immer häufigeren Kur- und Erholungsaufenthalten gekennzeichnet, in denen sein Bruder Reinhold in Vertretung seine Rechtsgeschäfte übernahm. Nach kurzem Krankenhausaufenthalt starb Konrad Hagen mit 57 Jahren am 22. Februar 1925. Seine Familie war noch viele Jahre in Marienbrunn präsent: Seine Witwe Maria zog 1939 in den Turmweg 12, bevor sie am ersten Weihnachtstag 1940 verstarb. Sohn Hans-Joachim, der ebenfalls ein erfolgreicher Rechtsanwalt wurde und 1924 in den Aufsichtsrat der GmbH nachrückte, verlegte 1929 mit seiner Frau Margarethe seinen Wohnsitz in das neu errichtete Wohnhaus Denkmalsblick 19, wo auch Tochter Hannelore noch viele Jahre lebte. Die Bezeichnung des Gebäudes als „Hagensche Villa“ bezieht sich auf die Familie des Sohns von Konrad Hagen. Das erste Haus der Hagens in Marienbrunn, Dohnaweg Nr. 3, wurde ab 1950 von Prof. Lauterbach bewohnt. Konrad Hagen ist für seine großen Verdienste für die Gartenvorstadt Marienbrunn wenige Jahre nach seinem Tod mit einem Straßennamen ein Denkmal gesetzt worden. Auf Beschluss des Leipziger Stadtrats ist der 1929 erbaute Platz westlich des Arminiushofes am 12. April 1930 als „Konrad-Hagen-Platz“ benannt worden.


Verein der Freunde von Marienbrunn e.V.